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Coronavirus und
Street Food-Business
Auswirkungen auf Tagesgeschäft, Events und Catering
Es gibt wohl kaum einen Wirtschaftszweig der so stark auf dem Zusammentreffen unterschiedlicher Menschen basiert – ja sogar darauf angewiesen ist – wie die Gastronomie. Die mobile Gastronomie erfährt hier sogar noch eine Sonderstellung. Schließlich bewegen sich Foodtrucks, -trailer und Stände an unterschiedlichen Standorten, was die Gefahr gegenüber einer stationären Verkaufsstelle oder einer Kantine vervielfacht.
Halt! Stop! Eine Behauptung. Nicht mehr. Denn wer kann denn beweisen, dass ein Unternehmen, welches mobil agiert größeren Gefahren ausgesetzt ist, als der stationäre Betrieb? Und hier sind wir schon beim Kernproblem der aktuellen Situation: Behauptungen, Mutmaßungen summieren sich auf zu Panik und Unvernunft. Wenn in einer Kantine mit 500 Essen ein Infizierter mit Coronavirus in ein Besteckgefäß greift, besteht dann nicht eine größere Ansteckungsgefahr für alle die sich danach Gabel oder Messer holen, als an einem Foodtruck in einem Businesspark mit 200 verkauften Portionen zur Mittagszeit? Wer kann diese Frage mit Sicherheit beantworten? Man weiß, dass der Virus bei Raumtemperatur vier Tage lang infektiös ist. Vier Tage in denen der Virus also nicht nur auf Besteck, sondern auch am Haltegriff im Bus oder auf dem Geldschein weitergetragen wird.
Grundsätzlich ist die Gastronomie (von schwarzen Schafen wie in jeder Branche abgesehen) einer der hygienischsten Wirtschaftszweige. Wo Nahrungsmitteln verarbeitet und verkauft werden, gelten strenge gesetzliche Regeln. Diese sind gut und werden kontrolliert. Hygiene ist – und das sagen alle Experten – auch der Schlüssel zur Vermeidung zur Infektion mit dem Coronavirus. Und dies gilt im Übrigen auch für alle anderen ansteckbaren Krankheiten.
Zeit für ein kleines Zwischenfazit zu Coronavirus vs. Street Food-Business: Unserer Einschätzung nach ist die Gefahr der Ansteckung bei der mobilen gastronomischen Verpflegung nicht größer, als bei jeder anderen alltäglichen Lebenssituation. Geht jeder Einzelne selbstkritisch und vernunftbasiert damit um – und dazu zählt bei grippalen Symptomen sich besser zu Hause als in Menschenmassen aufzuhalten – so ist unter Berücksichtigung der allgemein bekannten Hygienemaßnahmen die Gefahr um ein Vielfaches geringer als bei den jährlichen Influenza-Wellen, die durchschnittlich 20.000 Menschen das Leben kosten.
Auswirkungen auf den Geschäftserfolg des Foodtrucks
Eingangs ging es um Panik aber auch Vernunft. Offenbar ist dem menschlichen Naturell Panik etwas näher. Der Mensch ist angstgetrieben. Im Spiegel hat der Göttinger Angstforscher Borwin Bandelow formuliert: „Die Leute wollen schreckliche Dinge hören, am besten von einer Katastrophe in der Nähe“. Dies klingt absurd, brauchen wir an dieser Stelle aber nicht näher analysieren, schließlich beweist die BILD-Zeitung täglich, dass das Geschäft mit der Angst funktioniert.
Betreiber von Foodtrucks, Food-Trailern und Street Food-Ständen müssen sich also ganz real einer Situation stellen, die kaum mit Argumenten erklärbar noch zu entkräften ist. Das Konsumverhalten hat direkten Einfluss auf die Foodtruck-Kasse und das ist bereits spürbar. So endete z.B. die Freizeitmesse in Nürnberg vor kurzem mit einem Besucherrückgang. Auf dem Gelände vor den Messehallen sorgten wie jedes Jahr viele Foodtrucks für die Beseitigung von Hunger und echten Street Food-Genuss. Wie nicht anders zu erwarten spürten auch die Foodtrucker die Auswirkungen der Coronapanik: Eine stichprobenartige Befragung brachte die Erkenntnis von 15 bis 50 Prozent Umsatzeinbußen im Vergleich zur Messe im Vorjahr. 15 Prozent tun weh, 50 sind eine Katastrophe. Gerade wurde bekannt, dass auch die Internorga 2020 in Hamburg wegen dem Coronavirus bzw. der Angst davor verschoben wird. Wie mit dieser Situation umgehen? Gibt es jemanden, der für den Schaden aufkommt?
Aber nicht nur bei Messen stellen sich Foodtruck-Unternehmen solche Fragen. Die Festival-Saison steht vor der Tür. Der Eventkalender ist bereits vielfältig bestückt. Von Musik-Festivals, Street Food-Festen, Foodtruck-Roundups bis hin zu Volks- und Stadtfesten: Events sind bei der Umsatzplanung vieler Foodtrucks wichtiger Bestandteil und je nach Ausrichtung sogar einzige Umsatzquelle. Jedes verschobene Event wirbelt die Planung durcheinander, jede abgesagte Veranstaltung rückt die Existenzangst ins Bewusstsein.
Auch das Tagesgeschäft könnte leiden und tut dies zum Teil schon, wie landesweite Stichprobenbefragungen von uns bereits belegen. Wenn Menschen ihr Alltagsverhalten angstbestimmt oder zumindest von Unsicherheiten geprägt anpassen oder gar radikal verändern, dann wirkt sich dies auf die Essensversorgung zur Mittagszeit aus. Mitarbeiter, die sonst gern mal am nächstgelegenen Foodtruck ihr Mittagessen kaufen, fahren plötzlich am Morgen mit dem Auto statt mit der U-Bahn zur Arbeit und bringen sich Essen von zu Hause mit. Unternehmen ordnen Homeoffice an oder schränken ihren Normalbetrieb ein. Nochmals: All dies lässt sich nicht alles erklären, aber messen und feststellen.
Wie sind die Auswirkungen auf die Buchung von Foodtruck-Caterings? Die Zahl der Anfragen wächst bei uns auf der Plattform im Vorjahresvergleich. Man könnte meinen: Na dann ist ja alles gut. Was soll beim Catering schon passieren? Wir wissen aber von ersten Absagen von Business-Caterings durch mittelgroße bis große Unternehmen. Mitarbeiterfeste, Betriebsfeiern, Firmenjubiläen. Hier sondieren Unternehmen mit Sicherheit die aktuelle Lage und wägen ab, welches Vorgehen im Jahresverlauf wohl das richtige sein wird. Was bedeutet dies für den Foodtruck? Sicherlich lassen sich hier noch am ehesten vertragliche Regelungen treffen, die Ausfälle und ähnliches klarstellen. Anderseits bestehen zum Teil jahrelange gute Geschäftsbeziehungen. Wurde ein Foodtruck für die Business-Caterings der letzten Jahre gebucht, besteht diese Chance auch für die Folgejahre. Will man im Falle einer Catering-Absage aufgrund des Coronavirus die vertraglichen Regelungen durchboxen und damit den künftigen Umsatz gefährden?
All diese Situationen stellen Street Food-Betreiber aktuell vor große Herausforderungen. Und wer heute nichts von diesen Einschränkungen merkt, der wird dies mit größerer Wahrscheinlichkeit (abhängig vom Verlauf der Coronakrise) in den nächsten Wochen und Monaten tun.
Meinungen: ein Stimmungsbild
Uns war es ein wichtiges Anliegen neben unserer eigenen Einschätzung der Lage auch ein Stimmungsbild einzufangen. Deshalb haben wir einen Foodtrucker, einen Veranstalter, eine Stadt und eine Versicherung nach Ihrer Beurteilung gefragt.
Der Foodtrucker
Peter Wolf ist Geschäftsführer und Gesellschafter der RibWich Food-Trucks GmbH und Foodtrucker der ersten Stunde. Vier Foodtrucks sind zur Lunchtime, bei Events und Caterings im Einsatz. Er kennt die Höhen und Tiefen des Foodtruck-Business. Geplant war für 2020 eine Personalaufstockung, um den Umsatz auf Street Food-Festivals und zahlreichen weiteren Event-Formaten zu pushen. Mit dem Verlauf der Coronavirus-Situation hat sich die Sichtweise von Peter Wolf im Hinblick auf die diesjährigen Events verändert. Die Neueinstellungen wurden erst einmal zurückgestellt und die Auswahl der Events wird mit noch größerer Sorgfalt getroffen als die letzten Jahre üblich. Auf die Frage, wie es um die Gefahr der Absage von Veranstaltungen steht und wie er mit der Gefahr umgeht, äußert sich Peter Wolf deutlich: „Bei der Absage eines Events durch den Veranstalter hätte ich kein Verständnis und der Veranstalter muss für den entstandenen Schaden gerade stehen.“ Hier gibt es also eine klare Erwartungshaltung hinsichtlich der Rückzahlung bereits geleisteter Standgebühren. Der RibWich-Chef bezieht also für den Fall klar Stellung, wenn es aus der Entscheidung des Veranstalters zu einer Absage wegen des Coronavirus kommen sollte. Differenzierter sieht er es bei eines behördlich angeordneten Beschlusses zur Verschiebung oder Absage des Events. Es ist ihm klar, dass sich jeder Veranstalter solchen Vorschriften nicht entziehen kann. Trotzdem schwingt im Gespräch die Annahme mit, dass Veranstalter ja für solche Situationen abgesichert sind, bzw. diese ihren Schaden, in Form von Vorleistungen, an anderer Stelle, als den Foodtruckern, geltend machen können.
Der Veranstalter
Miguel Ortega organisiert einer der größten und erfolgreichsten Street Food-Veranstaltungsreihen. Als Geschäftsführer kümmert er sich um Planung und Durchführung des Foodtruck Festival sowie des Foodtruck Roundup und verantwortet ein Team von bis zu 20 Mitarbeitern. Panik herrsche nicht bei ihm. Selbst über eine Absage seiner zahlreichen Events zu entscheiden: Dazu werde es bei ihm nicht kommen. Alle seine Festivals werden wie geplant stattfinden. Miguel Ortega und sein Team beobachten den Markt genau und ihnen ist bewusst, dass es seitens Städten und Gemeinden zu Vorgaben zur Absage auf Grund des Coronavirus und dessen Verbreitung kommen kann. Sachliche Analyse und transparenter Umgang mit dem Thema sind laut seiner Aussage in solchen Situationen angebracht. Zur Zeit werden vom Veranstalter alle Möglichkeiten hinsichtlich möglicher Versicherungslösungen analysiert.
Der städtische Veranstalter
Christel Paßmann arbeitet im Kulturreferat der Stadt Nürnberg. Sie ist die Projektleiterin der Blauen Nacht, einer beeindruckenden Großveranstaltung bei der u.a. Performance-Kunst, Theater, Installationen alljährlich 130.000 Besucher anlockt. In den letzten Jahren sorgen an zwei zentralen Stellen der Stadt Foodtrucks für das kulinarische Rahmenprogramm. In Ihrer Rolle und den damit verbundenen Aufgaben wäre Christel Paßmann hinsichtlich der Fragestellung zu den möglichen Auswirkungen des Coronavirus auf Events etwas besonderes. Denn einerseits handelt es sich um die Mammutaufgaben eines Großveranstalters und andererseits um ein städtisches Event, bei dem im Konfliktfall eine andere städtische Institution oder auch eine übergeordnete Behörde darüber entscheidet, ob die Veranstaltung wegen der Ausbreitung des Virus aus Sicherheitsgründen abgesagt wird. Ganz unabhängig davon wie nah die Entscheidungsträger am eigenen Wirkungskreis sind: Die Fragestellungen mit denen man sich auch aktuell auch im Zusammenhang mit der Blauen Nacht, aber auch mit den anderen Großveranstaltungen des Projektbüros im Kulturreferat der Stadt Nürnberg beschäftigt, decken sich mit denen eines Veranstalters wie Miguel Ortega. Oberstes Ziel ist bedachtes, panikfreies Denken und Handeln. Sollte es doch zur Absage von Seiten der Stadt kommen müssen, so stehen letztlich, so Christel Paßmann, alle Beteiligten vor den selben Herausforderungen: Sowohl Aussteller, Künstler, Foodtrucks als auch der Veranstalter des Events sind mit zwar unterschiedlich hohen, aber für jeden Einzelnen doch nicht unerheblichen Kosten in Vorleistung gegangen. Ihrer Einschätzung nach wäre ein solcher Fall sehr wahrscheinlich als „Höhere Gewalt“ zu bewerten.
Die Versicherung
Ekkehard Harms ist Versicherungsexperte beim Hamburger Versicherungsmakler Pantaenius und hat zusammen mit uns vor einigen Jahren eine für Foodtruck-Unternehmen optimale Versicherungslösung entwickelt. Die Foodtruck-Versicherung sichert bei Foodtruckern auftretende Schadenssituationen ab. Neben erweiterten Kaskoversicherungsbedingungen inkl. der Einbauten werden Bergungs- und Beseitigungskosten sowie Entschädigungen bei behördlicher Stilllegung versichert und u.a. auch die Ausfalldeckung bei Festivals. Wie bei jeder Versicherung bedarf es klarer Versicherungsbedingungen, die die einzelnen Szenarien beschreiben, definieren und die Regelung im Versicherungsfall manifestieren. Gleich vorwegschicken müssen wir, dass Ausfälle auf Grund des Coronavirus bei Street Food-Anbietern, die heute die Festivalausfall-Versicherung abschließen nicht enthalten ist.Und dies lässt sich auch begründen. Gegen die Auswirkung (z.B. Event-Ausfall) durch Pandemien, Epidemien und Seuchen kann man sich versichern. Man vermutet es schon und erwartet ein Aber. Im Bereich der sogenannten Ausfallversicherungen gibt es nur einen ganz kleinen Kreis von Versicherern, die dieses Angebot im Portfolio haben. Die Mehrzahl dieser Versicherungen hat jedoch bereits einen generellen Ausschluss von durch den Coronavirus verursachten Ausfallschäden kommuniziert. Sich gegen Vorkommnisse zu versichern, die bereits eingetreten sind, funktioniert so gut wie nie. Und da der Coronavirus ja bereits aktiv ist, wird es laut Einschätzung von Ekkehard Harms aktuell keinen Versicherer am Markt geben, der dieses Risiko versichert. Die Überprüfung bereits bestehender Ausfallversicherungen ist jedoch in jedem Fall zu empfehlen. Wichtige Anmerkung zum Schluss: Street Food-Unternehmen, die bereits eine aktive Foodtruck-Versicherung mit Ausfalldeckung für Festivals über Pantaenius besitzen, haben Glück: Denn hier werden Event-Ausfälle auch auf Grund des Coronavirus erstattet (in Höhe der vereinbarten Schadensumme).
Höhere Gewalt bei Street Food-Events und Caterings
Auch wenn wir hier keine Rechtsberatung leisten, ist es doch sinnvoll am Ende einen wesentlichen in Zusammenhang mit „Coronavirus und Eventabsagen“ oft geäußerten Punkt zu bedenken: Höhere Gewalt. Laut Definition deutscher Rechtssprechung handelt es sich dann um höhere Gewalt, wenn ein schadenverursachendes Ereignis von außen einwirkt, der Grund also nicht in der Natur der gefährdeten Sache liegt. Weiterhin gibt die Gesetzgebung vor, dass das Ereignis auch durch zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann.
Da hier vom Ereignis gesprochen wird, zählt die reine Sorge nicht. Eine akute und massive Pandemie am Ort des Events hingegen ist höhere Gewalt. Vor allem die durch Behörden eingeleitete Verbote zur Durchführung einer Street Food-Veranstaltung sind als höhere Gewalt zu werten. Da nach Sicht der Gesetzgebung ein Veranstalter keine Verschulden an der höheren Gewalt hat, besteht Anspruch das alle Leistungen rückabgewickelt werden. Die Vertragspartner Veranstalter und Street Food-Anbieter müssen eine Situation herbeiführen, als ob man nie einen Vertrag abgeschlossen hätte. Wurden also Standgebühren bezahlt, muss der Veranstalter dem Foodtrucker diese zurückerstatten. Handelt es sich um ein Street Food-Festival, bei dem im Vorfeld auch vom Konsumenten Eintrittsgelder berechnet wurden, gilt das gleiche: Rückerstattung an den Zahlungsleistenden. Darüber hinaus entstehende Kosten wie z.B. Hotelbuchungen für Mitarbeiter (bei mehrtägigen Festivals nicht unüblich) oder entgangener Gewinn müssen bei höherer Gewalt nicht ersetzt werden, da hier dem Veranstalter keine Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vorgeworfen werden kann.
Merke
Die reine Existenz des Coronavirus ist nicht als höhere Gewalt zu werten. Kommt es hingegen zu einem behördlichen Veranstaltungsverbot, so gilt: höhere Gewalt. Und dabei trägt jeder Unternehmer sein eigenes Risiko selbst. Verträge zwischen Foodtruck-Unternehmen und Street Food-Veranstalter lassen aber individuelle Regelungen zu. In einem solchen Vertrag lässt sich die Rechtsfolge abändern. Dies ist jedoch in jedem Fall mit einem Rechtsanwalt zu klären und als individuelles Vertragswerk auszuarbeiten.
Fazit zum Coronavirus im Street Food-Business
Die meisten Probleme im Zusammenhang mit dem Virus SARS-CoV-2 sind in Alltagssituationen vermeidbar oder auf ein Minimum reduzierbar. Regelmäßiges Händewaschen und der dosierte Einsatz von Desinfektionsmitteln (Kennzeichen „begrenzt viruzid plus“ oder „viruzid“ beachten) hilft die Ausbreitung in den Griff zu bekommen. Wenn sich Street Food-Kunden und Street Food-Unternehmen daran halten, sind die Probleme handhabbar.
Für Panik ist also kein Platz. Wie immer im Leben gilt auch bei der hier diskutierten Fragestellung: Ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe hilft Probleme bereits an der Wurzel zu packen. Rede also mit deinen Kunden. Nutze soziale Netzwerke dazu deine Haltung und Maßnahmen zu vermitteln. Sprich mit den Veranstaltern und Unternehmen über mögliche Szenarien im Vorfeld. Lege die Scheuklappen ab, kaufe keine überteuerten Atemschutzmasken und optimiere deine Reichweite bei potenziellen Kunden mit Hilfe von Craftplaces Business.