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Sternekoch über Foodtrucks und das glücklichste Wohnzimmer Deutschlands
Im Rahmen der Aktion „Deutschlands glücklichstes Wohnzimmer“ hatte ich die Möglichkeit ihm ein paar Fragen zu seinem Konzept – ähnlich einem Pop-Up-Restaurant – und über Foodtrucks bzw. die Street Food-Szene zu stellen.
Frank Oehler, Sie gehen mit der Aktion „Deutschlands glücklichstes Wohnzimmer“ direkt vor Ort. Ein bisschen erinnert das an ein Pop-Up-Restaurant. Wie bereiten Sie sich auf ein solches Event vor?
Das ist wie ein Hausbesuch bei einer guten Freundin. Klar beziehen wir bei der Planung mit ein, dass wir in eine normal ausgestattete Küche kommen, aber der Platz und die Menge an Küchengeräten ist nicht entscheidend. Wir bringen unsere Zutaten mit und kochen dort – wie es jeder mit Freunden macht. Da heißt es halt manchmal auch improvisieren.
Auf jeden Fall! Improvisieren ist sehr häufig die Quelle vieler neuer Ideen. Aktuell ist ortsunabhängiges bzw. autarkes Kochen groß im Trend. Egal ob Foodtrucks oder Street-Food: Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Ich sehe das mit gemischten Gefühlen. Zum einen ist es spannend, weil es gutes, kreatives Essen draußen gibt. Die Street-Food-Szene ist ja sehr vielfältig und hat sich enorm weiterentwickelt von der Grillbude zum Gourmetstand. Und die Foodtruck-Festivals mit ihrem Eventcharakter bringen Leute zusammen, die sonst keine Berührung mit ausgefallener Küche haben. Zum anderen macht es mich traurig, weil ich damit „alleine schnell was essen“ verbinde. Ich rufe lieber zum gemeinsamen Essen mit der Familie oder mit Freuden auf. Auch am Foodtruck oder beim Street-Food sollte man sich die Zeit zum Genießen nehmen. Diese ToGo-Mentalität macht uns krank! Und es entsteht noch mehr vermeidbarer Müll, da muss wirklich drauf geachtet werden, dass man das in den Griff bekommt.
Das stimmt, auf das Thema Müll sollte man achten. Daher haben viele Foodtrucks auch entweder recyceltes Einweggeschirr oder noch besser, es passt komplett in ein Papier „auf die Hand“. Haben Sie schon Erfahrungen mit Foodtrucks gemacht und wenn ja welche?
Nein, wir haben bis dato noch keine Erfahrungen gemacht. Wir arbeiten derzeit an einem Konzept, weil wir eine Anfrage haben, einen Standort kulinarisch zu versorgen. Aber wir wollen uns jetzt nicht in der Foodtruck-Szene etablieren, sondern diese Geschichte ist der Not geschuldet: es liegt daran, dass die Bedürfnisse nicht von den umliegenden Restaurants gedeckt werden und ganz einfach eine Grundversorgung hergestellt werden muss. Aber natürlich ist es spannend, ein neues Konzept zu entwickeln – mal sehen, was sich daraus ergibt.
Wir werden gespannt sein :-). Tim Mälzer sprang vor einem Jahr begeistert auf den Foodtruck-Trend auf und kocht heute mit seinem Truck wie und wann er möchte. Aktuell gibt es aber noch wenige klassische Gastronomen in der Branche. Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?
Die Anforderungen im eigenen Restaurant sind mittlerweile so hoch, dass die Zeit für Experimente fehlt. Ein Restaurant zu führen verlangt viel Einsatz und Disziplin. Und es gilt der Spruch „Schuster, bleib bei Deinen Leisten“. Tim ist ein Tausendsassa, er stürzt sich begeistert in jedes kulinarische Abenteuer. Aber das kann nicht jeder stemmen. Wir haben mit den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen schon jetzt das Problem, dass es immer weniger Menschen gibt, die zusätzlich arbeiten dürfen, obwohl sie wollen…
Mit dem Kochbuch „Auf die Hand“ ist Stevan Paul ein großer Erfolg gelungen, der viele aus der Branche angesteckt hat. Wie stehen Sie als Sternekoch zu der Entwicklung, mehr „auf die Hand“ zu genießen?
Es muss nicht kompliziert sein, schnell etwas Gutes zu kochen. Schnell und frisch gekocht – und sich dann Zeit lassen beim Essen. Wenn man zuhause was „auf die Hand“ kocht und dazu gute Zutaten verwendet: Perfekt. Das deutsche Abendbrot hat ja Tradition. Denn wie gesagt: ich bin ein Fan des gemeinsamen Essens, das Freunde oder Familie an einen Tisch bringt, bei dem man sich austauscht. Gemeinsames Essen ist eines der ältesten Rituale überhaupt. Man hat sich ans Lagerfeuer gesetzt und gegessen. Wer zusammen isst, der ist aufgenommen in die Gemeinschaft. Mir gefällt es nicht, dass Essen in unserer Gesellschaft immer mehr so nebenbei geschieht. Das ist nicht gut für die Gesundheit, nicht gut für den Genuss und schon gar nicht für den Aufbau von Beziehungen. Wir sollten uns mehr Zeit nehmen, statt zu hetzen und schnell was auf die Hand zu essen, dann ginge es uns besser – als Individuum und als Gemeinschaft.
Frank Oehler, vielen Dank für die Antworten und viel Erfolg beim Improvisieren in den Küchen Ihrer Fans. Wer mehr über die Aktion „Deutschlands glücklichstes Wohnzimmer“ wissen oder sich vielleicht selber bewerben möchte, der braucht sich nur ein paar Fotomotive ausdenken, die zeigen sollen, warum sich Frank Oehler auf gerade eure Couch setzen soll. Viel Erfolg!